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Bereits ist das halbe Jahr 2021 herum – höchste Zeit, mal wieder von mir etwas hören zu lassen. Die Saison 2021 als Zwischensaison zu betiteln wäre zwar falsch, und doch kann ich nach gut acht Monaten eine Bilanz ziehen und sagen: «Neustart gemacht und das System fährt langsam wieder hoch».

Nachdem ich Anfang April bei einem Trainingswettkampf einen Bänderriss verkraften musste, war im April / Mai nicht wahnsinnig viel Lauftraining oder Training im Allgemeinen angesagt. Während dieser Zeit merkte ich, dass mich dieser erneute Rückschlag primär weniger physisch, als viel mehr psychisch beschäftigte. Der Wunsch «zurückzukommen» war so gross, dass ich eine andauernd anhaltende Gedankenspirale kaum unterbrechen konnte. Eine logische Konsequenz davon war, dass ich trotz guten Trainingswochen Ende Mai / Anfang Juni keinen wirklichen Tritt fand und mich ein Trainingslager eher überforderte als förderte.

Als Folge davon musste ich einsehen, dass ich zu viele offene Baustellen hatte und den Weg zurück umgestalten musste. Mir machten die Selektionsläufe in Tschechien Ende Mai riesigen Spass, doch merkte ich, dass ich beim Gedanken an Teamanlässe nicht den gleichen Motivationsknopf fand wie für Einzelrennen. Es ging primär darum herauszufinden, wie ich wieder die wahre Freude am OL- Sport und vor allem am Spitzensport finden konnte, ohne mich dabei in eine von mir auferlegte Drucksituation zu steigern.

Während einem Trainingslager im Engadin wurde mir zudem bewusst, dass ich durch all diese Überlegungen und vor allem durch zu viele Diskussionen betreffend meine Psyche den Drive in mir verloren hatte. Schon seit Anfang Jahr spürte ich eine gewisse Spannung in mir beim Gedanken, im Sommer für meinen Klub (ol Norska Raskt Tog Team) an den Start zu gehen. Ich merkte, dass ich mit gewissen Verhältnissen nicht mehr zurechtkam und auch, dass ich mich in eine Richtung bewegte, die für ein Comeback nicht förderlich war. So schmerzhaft es für mich war, ein Austritt aus dem Elite-Bereich des Klubs (aus dem Raskt Tog Team) war für mich die einzige richtungsändernde Lösung.

An der Staffel-SM lief ich also Ende Juni zum letzten Mal im Dress des Raskt Tog Teams und freute mich unheimlich über eine tolle Team-Performance und über die gemeinsam gewonnene Silbermedaille. Wie die folgenden Wochen zeigten, war der Austritt ein befreiender und richtiger Schritt. Im reinen Klubdress der ol norska lief ich sowohl in Italien (5-Tage OL) wie auch in Belgien (3-Tage OL) sehr ansprechende Läufe und konnte aus sechs Rennen ganze vier Siege verbuchen. Klar war hier die Konkurrenz nicht ähnlich gut wie bei einem Nationalen Wettkampf, und doch gaben diese ersten guten Wettkämpfe ein gewisses Polster an Selbstvertrauen zurück.

An den Weltcupselektionsläufen in Arosa Mitte Juli wollte dann aber irgendwie nichts mehr zusammenpassen, so wie noch zwei Wochen zuvor in Belgien. Trotz guter Form klassierte ich mich dermassen ausserhalb meiner Vorstellungen, dass ich sehr geknickt die Heimreise antrat. Die Ränge jenseits der Top 25-30 waren sicherlich nicht das, wofür ich tagtäglich trainiere.

Für schlechte Laune blieb aber nur kurz Zeit, denn nur einen Tag später fuhr ich mit dem Auto nach Norwegen, um dort für vier Wochen meine Hütte zu geniessen und ordentlich zu trainieren.
Während gut zwei Wochen durfte ich, zusammen mit wechselnden tollen Besuchen aus der Schweiz, die Gegend erkunden und einige Trainingskilometer abspulen. Mitte August fanden dann in Schweden die Weltcupläufe statt, welche ich als Zuschauer begleiten wollte. Da im Vorfeld in Grövelsjön und während der Rennen in Idre noch ganze sieben Wettkämpfe angeboten wurden, nutzte ich die Gelegenheit, um weiter an meiner Wettkampfpraxis zu arbeiten und vor allem, um mein Selbstvertrauen aufzubauen. Fünf sehr ansprechende Rennen mit guten Platzierungen waren die Ausbeute aus diesem Aufenthalt. Das letzte Rennen lies ich aus gesundheitlichen Gründen aus (eine leichte Erkältung machte sich bemerkbar; wohl nicht erstaunlich nach sechs Wettkämpfen innerhalb von acht Tagen).

Während meines Aufenthalts in der Hütte in Norwegen bekam ich die Anfrage, respektive die Möglichkeit, bei dem norwegischen Verein IL Tyrving fürs zweite Team an der Jukola zu starten. Der weltweit grösste OL Staffel-Anlass lockte mich sehr, und da die letzten Wochen so erfolgreich verliefen und ich einen ordentlichen Schub an Motivation und Selbstvertrauen auftanken konnte, entschied ich mich sehr spontan, nun doch nach Finnland zu fliegen. Eine Nacht-OL Lampe hatte ich zwar keine dabei, aber diese durfte ich vom Klub ausleihen. Auch musste ich dadurch meine Reiseplanung komplett ändern und mein Auto in Norwegen zurücklassen. Von Lillehammer ging es mit dem Zug nach Oslo und von dort mit dem Flieger nach Rovaniemi. Einen Rückweg via Norwegen und dem Auto zurück in die Schweiz konnte ich mangels Ferienbudget nicht auch noch einplanen.

Der Abstecher nach Finnland sollte sich als gute Entscheidung herausstellen. Eine Woche vor dem Wettkampf erfuhr ich, dass aufgrund von Absenzen im Team die erste Mannschaft auf einige Läufer verzichten musste und ich nun so nachrücken würde. Aufgrund von Corona-Bestimmungen in Norwegen mussten viele Norweger auf eine Reise nach Finnland verzichten. Ich versuchte, mich positiv dieser Aufgabe zu stellen und war dann doch nervöser als gedacht, als ich gar die zweite Strecke laufen durfte. Mein Rennen ist sehr schnell erzählt, 60 einsame Minuten in der Dunkelheit, ergänzt mit 15 Minuten mit etwas mehr Leuten um mich herum. Kein «Bombenrennen», aber eine solide Leistung. Es war eine spezielle Situation, bei einem Rennen mit über 1500 Läufern pro Strecke zu laufen und während 60 Minuten nur den eigenen Lichtschein vor sich zu sehen. Grosse Fehler passierten mir keine, jedoch hatte ich 2-3 kleinere Fehler auf dem Konto. Man sagt aber, dass bei dieser Staffel nicht eine perfekte Leistung gefordert wird, sondern eine solide – und das war mein Rennen definitiv.

Unser Team klassierte sich nach sieben Strecken und dank Schlussläufer Matthias Kyburz auf dem 18. Schlussrang. Für den Klub keine Wahnsinnsleistung, für mich aber ein tolles Erlebnis. Ein Abstecher, der sich gelohnt und mich gefreut hatte. Auch Freude hatte ich am Resultat und besonders der Leistung des Raskt Tog Teams der ol Norska, welches sich auf dem tollen 19. Rang klassiert hatte.

Ich hoffe, dass ich meine Leistungskurve weiterhin in die richtige Richtung lenken und so vielleicht wieder eine Verstärkung fürs Raskt Tog Team sein kann.
Weiter geht es nun für mich mit der Herbstsaison, wo zwei Meisterschaften, ein Euromeeting und hoffentlich viele tolle Trainingseinheiten die Zeit prägen sollen.