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Was für eine Woche, was für eine JWOC und was für ein Erlebnis!
Mit einer Bronzemedaille, einem Diplom und einer weiteren Topten-Platzierung kam ich am Samstagabend zusammen mit dem erfolgreichen Team zurück in die Schweiz.
Somit ging die erfolgreichste Woche in meinem Leben als OL-Läufer zu Ende und zu gleich beendete ich auch die BMS und Lehre nur wenige Tage davor…

Nachdem ich die Prüfungen am Dienstag abgeschlossen hatte, reisten wir am Mittwochabend nach Zürich, um dort zu übernachten und weiter nach Budapest und schlussendlich Kosice zu fliegen / fahren.
Nach zwei Tagen mit lockeren Trainings zum Angewöhnen, startete die Junioren-WM mit der Opening-Ceremonie und am nächsten Tag mit dem Sprint.
Karte Model-Event (Mitteldistanz): Klick

Sprintrennen:

Ich freute mich auf diesen Anlass, weil ich die grössten Erfolge international bisher immer im Sprint erleben durfte.
Der Start war relativ einfach und die Zeit, die ich mir hier wie immer nahm, war bereits etwas zu viel, ich wählte leider auch noch die falsche Route zum ersten Posten…
Ich merkte sofort, dass das Rennen sehr schnell ist und kaum Knacknüsse verbirgt, also drehte ich auf.
Doch der Befehl an die Beine, dass sie schnell laufen sollen kam nicht wirklich an, resp. mir fehlt im Moment einfach die wirkliche Schnelligkeit…
Ich lief ein technisch gutes Rennen, doch physisch konnte ich um Welten nicht mithalten und landete auf dem sehr enttäuschenden 67. Rang mit knapp 2 Minuten Rückstand…
Also gleich zu Beginn der Woche musste ich mit einem Dämpfer zurechtkommen.

Karte Sprintrennen: Klick

Langdistanz:

Die Langdistanz war knapp 90 Minuten von Kosice entfernt in einem typischen Karstgebiet mit einer schönen „Mondlandschaft“ (viele Senken und Hügel).
Ich startete hier sehr schnell und kam im Wald sehr gut zurecht, so dass ich bald den vor mir gestarteten Polen einholte.
Ich lief immer sehr nahe am Strich und so konnte ich eine super Streckenabschnittszeit zu Posten vier laufen, welche mich weit nach vorne in der Zwischenzeit brachte.
Beim Wechsel ins offene-grüne Gebiet hatte ich Mühe und setzte mein Konzept (möglichst viel umlaufen) nicht um, ich lief auch hier die Strich-Routen und verlor viel Zeit (1‘ zu Posten sieben) zu Posten acht verlor ich für einen kurzen Moment die Kontrolle und verlor mehr als 2 Minuten.
Danach bremste ich etwas, indem ich den Gel zu mir nahm und der Schmetterling war dann wieder sehr gut.
Als es zurück in den Wald ging und auch Richtung Ziel, begann es zu regnen und es wurde dunkel im Wald.
Zum 20. Posten verlor ich unterwegs etwas die Konzentration und merkte dies. Ich blieb stehen, bis sich der Puls gesenkt hatte und entschied mich, mit der „Daniel-Hubmann-Fehlertechnik“ weiter zu laufen: Wenn man nicht weiss, wo man genau ist, dann läuft man einfach Kompass weiter und findet den Posten dann schon…
Und dem war auch so!
Danach brauchte ich immer etwas mehr Zeit für die Posten, da die Konzentration schon sehr schlecht war…
Im Ziel brauchte ich einige Minuten, bis der Kreislauf wieder normal funktionierte und dann realisierte ich, dass ich ein sehr gutes Rennen hinter mir hatte.
Mit Ausnahme von drei bis vier Minuten Fehlern und zwei Minuten Unkonzentriertheit lief ich sehr gut und schnell und am Ende resultierte mein erster Topten Platz an einer Junioren-WM (Einzelrennen).
Wahnsinnig und es sollte nicht die beste Platzierung der Woche bleiben…


Karte Langdistanz: Klick

Ruhetag / Mitteldistanz-Qualifikation

Nach einem erholsamen Ruhetag, vielen Mario-Kart Runden auf dem PC stand die Mittel-Quali auf dem Programm.
Obwohl ich ein gutes Rennen hatte, musste ich im Ziel sehr lange bangen, ob es mir in die Top 20 reichen würde, welche sich fürs Finale qualifizieren.
Mir unterlief nach einem super Start ein grosser Fehler zum neunten Posten, welcher mich fast 2 Min 30 Sek. kostete…
Glücklicherweise kämpfte ich sehr gut auch nach dem Fehler und es reichte knapp fürs Finale (mit dem 16. Rang hatte ich aber nicht eine super Ausgangslage).
Ich war aber nur froh, dass ich diese Hürde doch noch geschafft hatte und sofort stieg die Nervosität für den nächsten Tag.
Karte Mitteldistanz Quali: Klick

Mitteldistanz / oder „THE DAY“

Am frühen Morgen war alles wie immer, nur dieses Mal lief ich mich einige Minuten länger warm, weil die Einlaufkarte weiter weg war…
Ich freute mich auf eine schwierige Mitteldistanz und konnte die Nervosität irgendwie in Konzentration umwandeln.
Der Start ist mir gut gelungen, beim ersten Posten stand ich zwar einige Meter zu tief, doch ich blieb cool und nahm mir Zeit um den Posten zu verstehen und so fand ich ihn mit einem Zeitverlust von etwas mehr als 20 Sekunden.
Danach nahm ich mir Zeit für die Karte, drehte aber auch auf, sobald ich mich sicher fühlte.
Es war ein ständiger Wechsel von Prospektiv-Grob-O zu retrospektiv-Fein-O.
Und ich genoss es, durch das wunderschöne Gelände zu gleiten und mit dem Kompass sicher unterwegs zu sein.
Ich vertraute stets darauf, dass ich die Technik am besten kann und wenn man etwas mehr Kartenkontakt brauchte, dann nahm ich mir diese Zeit.
Bei den Uphill-Abschnitten wusste ich, dass ich stark laufen kann und drehte da etwas auf.
Ich holte kurz vor dem Überlauf eine Gruppe auf und nutzte den vor mir gestarteten Russen als Tempomacher, damit ich mich etwas auf die O-Technik am Schluss konzentrieren konnte.
Nach dem Überlauf nahm ich mir nochmals Zeit für die feinen Posten, blieb einmal sogar ganz stehen und investierte einige Sekunden.
Vom zweitletzten Posten bis ins Ziel konnte ich dann nochmals kämpfen, doch so ganz alles aus mir holte ich irgendwie nicht mehr raus, da ich mich im Zieleinlauf auch schon über den Lauf freute.
Und dann begann das lange Warten…
Meine Bestzeit mit fast 2 Minuten Vorsprungehielt lange, viele kamen nach mir ins Ziel und niemand toppte meine Zeit.
Auf einmal kam ein Neuseeländer (Matt Otgen) mit einer neuen Bestzeit und für mich war klar: jetzt purzeln die Zeiten…
Doch dem war nicht so, ein Favorit nach dem anderen reihte sich hinter uns ein und ich freute mich bald schon darüber, dass es wohl ein Rang unter den besten zehn auf sicher sein wird, eventuell sogar ein Diplom…
Dann kam der Tscheche ins Ziel (Jan Petrzela) und ich wusste nun nicht mehr, ob ich dritter, zweiter oder was auch immer war…
Danach kam auch Alain Denzler, knapp hinter mir ins Ziel und wir träumten schon davon, zusammen auf den Diplomrängen zu stehen..
Und irgendwann zwischen den Versuchen irgendetwas zu essen und mich irgendwie abzulenken hörte ich dann einen Aufschrei: Der Weltmeister kommt aus Neuseeland!
Aber was war mit mir? Ich war nur 14 Sekunden dahinter und nur 1 Sekunde hinter Silber, hatte ich also eine Medaille??..??
Diesen Moment zu beschreiben kann man glaube ich gar nicht. Mit Tränen in den Augen realisierte ich, dass es eine Medaille war… Bronze!!!

Es ging alles unglaublich schnell, Flower-Ceremonie und dann gleich packen, zurück fahren ins Hotel, duschen und vorbereiten für die Medaillen-Ceremonie.
Kurz noch ein Teammeeting für die Staffel vom nächsten Tag und ab zur Ceremonie.
Und dort bekam ich dann meine Medaille und das Diplom und und und…
Unendlich viele Eindrücke, Fotos und schöne Momente gabs da.
Besonders schön fand ich es vor allem, dass neben mir noch Alain Denzler (4. Rang) auf dem „Podest“ stand.
So konnten wir beide als Schweizer-Team diesen Augenblick geniessen!
Und das taten wir…!

Zurück im Hotel musste man sich schon auf die Staffel einstellen und eigentlich auch bald einmal ins Bett, doch ich schlief nicht vor 2 Uhr morgens ein…
Die Gedanken und Emotionen waren noch irgendwo verteilt und ich konnte es immer noch nicht fassen.
Aber der Schlaf wird eh überbewertet in einer Wettkampfwoche…
Karte Mitteldistanz Final: Klick

Staffel

Wir hatten ein starkes Team und ich freute mich sehr, zusammen mit Sven Aschwanden (2. Strecke) und Alain Denzler (3. Strecke) zu laufen.
Ich durfte auf die Startstrecke und obwohl ich während der JWOC-Woche etwas Bedenken darüber hatte, gaben mir die Teamkameraden ihr ganzes Vertrauen.
Während die anderen alle am Einlaufen waren, war ich bemüht, mich auf das Rennen zu fokussieren.
Nach dem Start ging es brutal schnell los und ich stempelte den ersten Posten an 35. Stelle.
Ich wusste aber, dass ich einfach mein Tempo laufen und ich mich auf meine Technik konzentrieren musste.
Zusammen mit Lukas Diener liefen wir dann auch sehr bald einmal auf zur ersten Verfolgergruppe und dort führten wir auch einige Zeit lang, bis wir beim siebten Posten einen Fehler von ca. 40 Sekunden machten.
Hier lag ich etwas mehr als eine Minute hinter der Führungsgruppe, blieb aber cool und lief mein Tempo weiter.
Bald war ich wieder bei Lukas und so auch wieder vorne bei der Verfolgergruppe, welche ich bei einer Steigung dann hinter mir lassen konnte.
Ich sah weit vorne bald die Spitzengruppe (Schweden und Tschechien), fokussierte mich aber auf meine Aufgabe.
Durch einen Fehler von ihnen konnte ich aufschliessen und stempelte beim Überlauf knappe 10 Sekunden hinter ihnen.
Auf der Schlussschlaufe drehte ich physisch nochmals auf und bei den letzten beiden steigungsreichen Posten konnte ich aufschliessen und so waren wir zu dritt beim letzten Posten.
Ich lief als zweiter nur knapp hinter Tschechien ein und übergab an Sven.
Er machte seine Arbeit fantastisch und kam ebenfalls an zweiter Stelle liegend mit nur wenig Rückstand auf Norwegen zurück und so hatte Alain eine super Ausgangslage.
Doch er hatte keine einfache Aufgabe. Eskil Kinneberg, Gleb Tikonov, Marius Thrane Ødum, Matt Odgen, Jan Petrzela waren seine Verfolger.
Alle hatten bereits eine oder mehrere JWOC-Medaillen und blieben ihrem Ruf als Favoriten absolut treu.
Alain lief lange in der Führungsgruppe mit und wir träumten schon von einer Medaille, doch ein kleiner Fehler und starke Gegner warfen uns etwas zurück. Dennoch erlief er in diesem starken Feld den fünften Schlussrang.
Karte Staffel: Klick

Ein weiteres Diplom an der JWOC (mein drittes).
Es war ein geiles Gefühl, mit dem Team auf dem erweiterten Podium zu stehen und ich bin sehr stolz auf unsere Teamleistung.

Mit der Staffel und dem Diplom ging eine unglaubliche Woche zu Ende für mich.
Ich lief vier technisch gute Rennen und war im Wald physisch auch gut unterwegs.
Die Belohnung für den harten und schmerzhaften Winter folgte also nun und dann auch noch so unglaublich…

Ich kann hier nur noch sagen, dass es sich lohnt zu kämpfen, durchzubeissen und wenns sein muss auch lange Zeit langweilige Trainings zu machen!
Es lohnt sich!

Vor noch 6 Monaten an Krücken

Und jetzt Bronze an der JWOC

Ein grosses Dankeschön möchte ich hier auch noch platzieren. An alle die mich unterstützt haben bis jetzt und besonders in der Zeit der Verletzung.
Merci namendlich: der Ruf AG, Hotel Linde, Brooks, Gerber-Sport, meiner Mutter, Stefan Schwarzenberger und der ganzen Familie, Frau Maria Schmied, Franziska Wolleb, Roland Salzmann und dem ganzen AHA!-Team.

Für mich steht nach einer Woche der Erholung bereits der nächste Trainingsblock an. Bald schon startet das Euromeeting im August und danach folgt die Herbstsaison mit der Lang + Sprint-SM sowie dem JEC.
Sicherlich werde ich auch noch lange brauchen, um emotional wieder in die Schweiz zu finden und mir die JWOC-Woche bewusst zu machen.