Dass es im Sport nicht nur gut läuft weis ich nach 2 Operationen und über vier Jahren Knieprobleme eigentlich schon sehr gut. Ich hatte nun aber während einem guten Jahr keine wirklichen Beschwerden zu bekunden – man ist mal krank oder man wird mal hart um gerempelt, verletzt sich leicht bei einem kleinen Sturz oder ähnliches, aber all das sind Nebensachen, die nach 1-2 Wochen schon fast wieder vergessen sind. Nun hat es mich aber erwischt. Glücklicherweise bin ich nicht verletzt, aber der Umstand, dass ich seit nun einem Monat permanent halb krank, halb gesund bin stimmt mich nicht wirklich glücklich…
Zurück zu Anfang Meine super Form, die ich im April verfeinert habe und mit welcher ich mich so richtig auf alle Wettkämpfe freute, lief ich am 1. Nationalen OL der Saison. Der Lauf war in einem recht buschig-grünen Wald bei Bulle. Mein ehemaliger Kaderkollege Térence Risse zeigte seine Fähigkeiten als Bahnleger und forderte uns auf der kurzen Mitteldistanz mit langen und kürzeren Abschnitten, vielen Richtungswechsel und erfreulich hohem Queranteil. Mein Lauf war mit Ausnahme von zwei kleinen Fehlern à je ca. 20 Sekunden sehr kontrolliert und genügend schnell. Ich konnte davon profitieren, dass viele Mühe hatten und es zu einigen Fehlern kam. So klassierte ich mich zu meinem überraschen ganz weit vorne, wieder! Mit dem vierten Rang und nur wenig Rückstand bis Rang zwei wuchs mein Selbstvertrauen sehr.
Nach dem nationalen wollte ich meinem Körper eine gute Woche Pause gönnen, bevor ich mich eigentlich auf den 5‘000m vorbereiten wollte. Die Pause sah zwar noch zwei-drei Intervalls auf dem Programm aber der gesamte Umfang sollte massiv reduziert werden. Nun mein Körper erholte sich und zeigte mir dann sehr bald, dass die Wochen vorher hart (vielleicht zu hart) waren. Eine Erkältung war die Folge, nur 5-6 Tage vor dem geplanten 5‘000m Rennen. Ich versuchte mich so schnell wie möglich zu erholen und fühlte mich nach wenigen Tagen wieder einigermassen bereit. Ein Intervall musste ja her für den 5‘000er… Anstatt den 5er abzusagen und mich ganz auszuruhen lief ich nun also viel zu früh wieder im überschwelligen Bereich. Der 5er ging dann natürlich vollkommen in die Brüche. Ich kämpfte, merkte aber schon von Beginn weg, dass es heute nichts wird. 16.22 zeigte die Uhr, also sogar noch langsamer als 6 Monate zuvor!
Dieser Effort warf mich dann wieder ins Bett zurück und trotz mehr Pause und lockerem Training fand ich den Wiedereinstieg nicht. Total 10 Tage ohne wirklichem Training war die Folge. Dann endlich fühlte ich mich etwas besser und konnte 30-40 Minuten locker rennen. Eindrücklich, wie der Körper abstellt – wenn es Berg auf ging musste ich konsequent immer gehen – atypisch für mich!
Nach zwei-drei lockeren Trainings fuhr ich bereits ins Schwarzwald, wo eigentlich mein letzter Test vor den Selektonsläufen geplant gewesen wäre… Ich musste dieses Wochenende mit Sprint, Mittel und Langdistanz aber nun als Wiedereinstieg nutzten und durfte mich keinesfalls verausgaben. Im Sprint verlor ich über eine Minute auf den Sieger Christoph Meier – natürlich wäre es auch bei gutem Zustand fast unmöglich gewesen Chrigi in dieser Form zu schlagen. Bei der Langdistanz am Samstag war der Plan, dass ich einfach renne und das Gelände geniesse (die Organisatoren des Black-Forest 3-Days versprachen nicht zu viel, der Wald war wirklich wunderschön). Genossen hab ich es und zügig war ich dann irgendwie auch unterwegs. Mir unterlief nur ein grösserer Fehler von gut 80 Sekunden, ansonsten freute ich mich über meine technischen Fähigkeiten. Nach Rang 5 im Sprint war der dritte Rang in der Langdistanz wirklich toll! Kaderkollege Jonas Egger schnappte mir den zweiten Platz nur um wenige Sekunden weg. Am letzten Tag stand die Mitteldistanz auf dem Programm und dort wollte ich noch etwas schneller laufen. Dies tat ich auch und ausser dem Fehler zu eins und acht (je 15-20 Sekunden) hatte ich keine Mühe im steinigen und grünen Gelände. Rang drei mit zwei Minuten Rückstand war das Resultat – wieder erfreulich, obwohl der Rückstand eher gross war – aber erklärbar.
Nach dem Wochenende im Schwarzwald war ich wieder motiviert und fühlte wieder mehr Kraft im Training. Ich liess bewusst die 10mila (Staffelwettkampf in Schweden) aus, sehr zum Bedauern meines Klubs IFK Lidingö. Als letzte Vorbereitung vor den Selektionsläufen fuhr ich stattdessen in die Ostschweiz und trainierte zusammen mit meinem persönlichen Betreuer (Beat Zimmermann) und einigen Klub und ehemaligen Kaderkollegen. Wir absolvierten drei geniale Trainings in super Gelände und die beiden schnelleren Einheiten zeigten mir, dass die Form langsam wieder zurückkommt.
Jetzt einfach gut erholen und Energie tanken dachte ich mir…
Doch dann kam wieder dieser Rückschlag, den man doch eigentlich wegstecken sollte, der manchmal einfach dazu gehört im Sportlerleben: Am nächsten Abend spürte ich, dass der Hals und die Nase zu tun, einen Tag später verbrachte ich dann ganz im Bett. Ich versuchte mich so gut es geht zu erholen, aber mental war die Spannung weg. „So kurz vor dem Rennen krank, das darf nicht sein“, dachte ich mir. Dann kam die Langdistanz und obwohl der Körper es irgendwie wieder zustande brachte irgendwie genügend Energie bereit zu stellen, so war der Kopf nicht mehr in der Lage. Mit einem technisch kontrollierten Lauf wäre vieles drin gelegen, aber mit gut 8 Min Fehlern auf den letzten 30 Minuten ging dieses Rennen voll in die Hosen. Danach kämpfte ich mit den Folgen für den Körper, erholte mich gerade so für die Mitteldistanz (2. Natonaler OL). Dort lief ich technisch ohne einen Fehler, wurde aber schon beim 10-11 Posten von Christoph Meier (in bestechender Form) eingeholt und überholt. Keine Chance hatte ich hier mitlaufen zu können. Im Ziel war der Frust gross und die Erkenntnis schnell da, dass der Körper leer war. Zusammen mit PB, Trainer und Arzt entschied ich mich, dass ich auf die Sprint-SM (und letzten Testlauf) verzichten muss.
Dafür versuchte ich es, trotz angeschlagenem Körper, mit ins Trainingslager nach Schottland zu reisen. Wohl das bis jetzt herausforderndste Trainingslager meiner Karriere! Sportlich also physisch eigentlich gar nicht, aber emotional und mental sehr. Ich musste mir genügend Pause und Erholung gönnen, war aber zeitgleich permanent mit hartem Training, Analysen, Planung und herausragenden Formständen von Kaderkollegen konfrontiert. Ich ging jeden Tag zwei Mal in den Wald, kam aber eigentlich fast immer demotiviert, völlig erschöpft und verunsichert vom Training zurück… „Was ist nur los mit mir?“ – diese Frage stellte ich mich mehrmals pro Tag, schon seit Wochen…
Das TL hatte aber auch viel Gutes! Zum Beispiel ist es immer einfach auch cool mit dem Team, die Stimmung zu erleben und von den Erfahrungen der älteren Jungs/Mädels zu profitieren ist grossartig. Auch einige Trainings (gegen Ende der Woche) machten wirklich Spass und ich fühlte mich auch etwas aktiver. Zum Schluss starteten wir an den Scottish-Champs (Lang und Staffel). Ich lief beim Long nur locker und nur 50 Minuten lang, wollte dann aber bei der Staffel wieder mal schnell laufen. Und dies ist mir dann wirklich gut gelungen! Mit einem technisch einwandfreien Lauf und meiner Liebe zum Uphill und ruppigen Laufen (auch wenn ich mich noch nicht wie „früher“ fühle), konnte ich eine gute zweite Strecke absolvieren. Mit der zweit schnellsten Zeit auf meiner Strecke und total 9. Bester Laufzeit klassierte ich mich nur 1.5min hinter der Weltspitze, welche von den Schweizern und Norwegern repräsentiert wurde. Es gab also doch einen guten Abschluss vom TL und ich kam motiviert nach Hause – motiviert um endlich wieder richtig zu trainieren und meine nächsten Ziele in Angriff zu nehmen.
Doch bevor ich das machen konnte, war ein grosser Medi-Check-Up notwendig. Hier durfte ich wie schon so oft auf den super Service des Sport-med.-Zentrum Bern Ittigen zählen. Nach langen und vielen Abklärungen scheint es so, als hätte man heute das Problem entdeckt. Eine hartnäckige Nasennebenhöhlen (Stirnhöhlen)- Entzündung schein sich da eingenistet zu haben und kam immer wieder zum Vorschein.
Mit einer Antibiotikakur und nochmals etwas reduziertem Training sollte ich das nun aber hoffentlich endgültig in den Griff bekommen! Es braucht aber noch einiges an Geduld – aber wenn man weiss wieso, dann geht’s bekanntlich einfacher.
Die nächsten Ziele zu definieren wäre momentan aber noch falsch. Ich strebe an, an der Jukola (Staffel in Finnland) endlich für meinen Klub laufen zu können und dann wollen wir Norska-Läufer an der Staffel-SM auch um gute Ränge vorne mitmischen können – schliesslich wäre da auch noch die Berglauf-SM, sofern sich mein Körper bis dahin genügend erholt hat…
Ein Gedicht, dass mich seit einigen Wochen motiviert und wohl sehr gut passt momentan:
– If you can make one heap of all your winnings And risk it on one turn of pitch-and-toss, And loose, and start again at your beginnings And never breathe a word about your loss;
– If you can fill the unforgiving minute With sixty seconds‘ worth of distance run, Yours is the Earth and everything that’s in it, And — which is more — you’ll be a man, my son!
(Rudyard Kipling) – „If“
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